Digitalsteuer: Was du jetzt wissen musst

Lisa Marie Volpert
16.12.2020
Lisa-Marie Volpert

Die Digitalsteuer ist schon seit Jahren ein großes Streitthema. Digitale Großkonzerne wie Google, Facebook, Microsoft und Co. verdienen jährlich Milliarden über Milliarden mit ihren Diensten. Und dennoch zahlen sie nach Schätzungen der EU-Kommission nur halb so viel Steuern auf ihre Gewinne wie gewöhnliche Unternehmen der EU. Genau hier soll die Digitalsteuer ansetzen und für Gerechtigkeit in der Besteuerung sorgen. Erfahre jetzt alles, was du über die Digitalsteuer wissen musst!

Digitalsteuer Definition: Was ist das?

Laut einem Bericht des Focus zahlte Google im Jahr 2009 in Europa auf Gewinne von 5,8 Milliarden Euro lediglich 174 Millionen Euro Steuern, was einem Steuersatz von mageren drei Prozent entspricht (siehe: Google zahlte in Europa nur drei Prozent Steuern). Für viele weitere digitale Großkonzerne wie Microsoft, Facebook und Co. lassen sich ähnlich geringe Steuersätze nennen. Dagegen lag der Unternehmenssteuersatz in Deutschland in den letzten Jahren stets bei ungefähr 30 Prozent. Wie kann es sein, dass Internetkonzerne meist nur einen Bruchteil dessen bezahlen müssen?

Der Grund ist, dass Internetkonzerne ihre Dienste grenzüberschreitend anbieten und Gewinne erzielen können, ohne dabei eine klassische Betriebsstätte im jeweiligen Land unterhalten zu müssen. So können sie ihre Einnahmen in dem EU-Land deklarieren, in dem die Besteuerung für sie am niedrigsten ist. Außerdem handeln Digitalkonzerne größtenteils mit immateriellen Vermögenswerten, Daten und Dienstleistungen, weshalb ihre Erträge steuerrechtlich nur schwer korrekt erfasst werden können und schlussendlich meist unversteuert bleiben.

Diese Ungerechtigkeit soll durch eine Digitalsteuer beseitigt werden. Die Grundidee hinter dem Steuerkonzept ist, dass Gewinne in dem Land versteuert werden sollen, in dem sie erzielt wurden.

Digitalsteuer: Vor- und Nachteile zur digitalen Besteuerung von Unternehmen

So weit, so gut. Doch warum wird seit Jahren über eine Digitalsteuer in der EU, in Deutschland und unseren einzelnen Bundesländern diskutiert? Welche Nachteile bringt das Digitalsteuer-Konzept mit sich?

USA vs. Europa – Interessenskonflikte vorprogrammiert

Bei international tätigen Unternehmen stellt sich stets die Frage, ob die Besteuerung am Ort der Betriebsstätte erfolgen soll (Ansässigkeitsbesteuerung) oder dort, wo die Umsätze erzielt werden (Quellenbesteuerung). Die verschiedenen Länder vertreten dabei seit jeher unterschiedliche Interessen und Meinungen zu den beiden Besteuerungsarten. Schwellen- und Entwicklungsländer sind typische Quellenstaaten und stehen daher für einen höheren Anteil der Quellenbesteuerung. Im Gegensatz dazu fordern Exportländer wie Deutschland ein größeres Gewicht der Ansässigkeitsbesteuerung.

Als Beispiel wird eine Vielzahl deutscher Fahrzeuge in das Ausland exportiert, während die Automobilhersteller ihre Gewinne dennoch primär in Deutschland versteuern müssen. Dies lässt sich damit begründen, dass die Unternehmen die genutzte Infrastruktur im Land der Betriebsstätte somit zu einem Teil mitfinanzieren. Ähnlich lässt es sich auch mit den „digitalen Produkten“ von Google sehen. Letztlich entstehen diese im Silicon Valley in den USA, nicht in Deutschland. Nach der Ansässigkeitsbesteuerung werden sie demnach primär dort versteuert. Vor dem Hintergrund, dass Doppelbesteuerungen vermieden werden sollen, stellt sich die Frage, inwieweit eine EU-Digitalsteuer nun noch zu rechtfertigen ist.

Natürlich liegt eine Digitalsteuer für uns Europäer nahe, denn uns träfe sie nicht. Da die großen Digitalkonzerne vorwiegend aus den USA kommen, würden wir primär von dem erzielten Steueraufkommen profitieren. Wäre die Digitalsteuer wohl auch noch im Gespräch, wenn es vergleichbare Internet-Riesen wie Google oder Microsoft auch in Deutschland gäbe? Wohl eher nicht.

Weitergedacht zeigt die Forderung nach einer Digitalsteuer allerdings auch, dass Europa in der digitalen Welt keinen Führungsanspruch erhebt. Offensichtlich ist nicht angedacht, dass die EU in den nächsten Jahren in den digitalen Bereich investiert und dort massiv aufholt. Hier bleibt für mich die Frage, ob diese digital-feindliche Vorgehensweise aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der falsche Ansatz sein könnte.

Wer trägt die Digitalsteuer wirklich?

Bei Steuererhöhungen oder der Einführung einer neuen Steuer muss sich immer die Frage gestellt werden, wer durch die Maßnahme letztendlich belastet wird. Einige Länder wie beispielweise Österreich, Großbritannien und die Türkei haben bereits eine Digitalsteuer eingeführt. Anhand dieser Länder lässt sich ein klarer Trend erkennen: Die Unternehmensgewinne der besteuerten Digitalkonzerne werden nur wenig belastet. Stattdessen finden aufgrund der Monopol-Stellung der Digitalkonzerne meist Überwälzungen auf Arbeitnehmer und Konsumenten statt. Der Onlineversand-Riese Amazon legt die Digitalsteuer beispielsweise auf die Marketplace-Händler um. Google erhöht derweil seine Preise für Werbekunden und weist die Digitalsteuer dabei ganz transparent in der Rechnung aus. Die einzelnen Werbetreibenden rechnen diese Zusatzkosten meist ebenso auf die Produktpreise. Schlussendlich sind es also die Konsumenten, die die Digitalsteuer zahlen müssen.

Digitalsteuer in Deutschland, der EU und der Welt

Seit Jahren wird über die Einführung der Digitalsteuer diskutiert. Erst im Juni 2020 führte die EU diesbezüglich Verhandlungen mit den USA. Aufgrund des Interessenskonflikts zwischen beiden Parteien wurden diese Verhandlungen jedoch von US-amerikanischen Finanzminister unter Verweis auf fehlende Verhandlungsfortschritte abgebrochen. In der Zwischenzeit haben sich einige Länder bereits im Alleingang für eine Digitalsteuer entschieden. So finden sich inzwischen Digitalsteuern in Italien, Spanien, Österreich, Großbritannien, Frankreich und der Türkei. Die EU setzt derweil noch immer auf eine weltweite Lösung, möchte bis dahin allerdings zumindest innerhalb der EU eine einheitliche Regelung auf den Weg bringen. Hier ist der nächste Vorstoß für das erste Halbjahr 2021 geplant. Wir sind gespannt, wie es in Zukunft mit der Digitalsteuer weitergeht!